2012/01/14

Warum El Baradei die Trauben zu sauer sind

Reuters und AFP melden heute, dass der international bekannte und angesehene Diplomat Mohammed El Baradei seine Kandidatur für das ägyptische Präsidentenamt zurückgezogen hat. Der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) habe sich aus Protest gegen den herrschende Militärrat zu diesem Schritt entschlossen. „Mein Gewissen erlaubt es mir nicht, für das Präsidentenamt oder irgend einen anderen offiziellen Posten zu kandidieren, solange es keine wirkliche Demokratie gibt“, soll El Baradei erklärt haben.

Wie in der Politik üblich, ist das Kolportierte nur die halbe Wahrheit. Fakt ist, dass der Wunschkandidat des Westens von Anfang an a) im ägyptischen Volk nur recht mäßigen Rückhalt hatte und b) selbst nicht ganz überzeugt war. Auf Drängen der gebildeten, laizistisch-liberalen Schicht Ägyptens, aus der er kommt, hatte der 69jährige im März 2011 zwar seine Kandidatur im ägyptischen Fernsehen angekündigt, war aber - außer im Westen - auf keine große Begeisterung gestossen.

Die orientalisch-blumig verklausulierte Begründung: er wäre zu lange im Ausland gewesen, verstünde sein Volk nicht mehr. Meine Klartext-Formulierung: er hat sein Volk niemals verstanden, da er nicht dem "Volk" entstammt. Andererseits ist es schon richtig: er hat zu lange die Segnungen der Demokratie genossen, um erkennen zu können, dass Demokratie ist gar nicht das ist, was die Mehrheit der Ägypter will. Wahre Kenner der Materie haben das auch zu keiner Zeit geglaubt.

Folgende Schlaglichter aus Baradeis Lebenslauf (Quelle: Wikipedia) sollen das verdeutlichen: sein Vater war nicht nur irgendein kleiner Anwalt, sondern Präsident der Egyptian Bar Association. Mohammed schloss 1962 sein Studium ab, war 1964 bereits bei der UNO. "Vom Tellerwäscher zum Millionär" sieht anders aus.

Wir im Westen dürfen nicht, nur weil es nicht ins Bild passt oder so schwer zu verstehen ist, die Augen davor verschliessen, dass in der moslemischen Welt seit Jahrzehnten eine schleichende ideologische Rückwärtsentwicklung vonstatten geht. Der Trend zu mehr Religion schliesst Unterordnung unter den vermeintlichen Willen Allahs - und damit Passivität - ebenso ein wie eine Radikalisierung der Auslegung samt der damit (nicht zwangsläufig, aber leider reell) verbundenen Gewalt.

Hinzu kommt die durch den traditionellen Kinderreichtum bedingte Bevölkerungsexplosion. Moderne Kommunikationsmittel sorgen dafür, dass bei der Jugend Wünsche entstehen, die unerfüllbar sind. Dies hat zu einem großen Teil zu den Unruhen beigetragen, die man medialerseits zur Revolution hochzustilisieren beliebte.

Arabischer Frühling - Befreiung - Jubel. So möchten unsere Medien die Vorkommnisse sehen; so der Tenor der Berichterstattung. Dann böses Erwachen, als bei den ägyptischen Parlamentswahlen die islamistischen Kräfte rund 70 Prozent der Mandate erringen. Das hat man aber schnell wieder beiseite gewischt, denn es passt nicht in das schöne Bild. Man behilft sich nun damit, nur noch das Notwendigste zu berichten. Lybien scheint sogar von der journalistischen Landkarte völlig verschwunden zu sein.

Zurück zu El Baradei. Der Militärrat, der Ägypten seit dem Ende der Ära Mubarak im Februar regiert, verfolge den alten Weg, als ob es keine Revolution gegeben hätte und als ob das alte Regime noch immer nicht gefallen sei, meint er. Das ist zweifellos richtig. Der Militärrat tut, was er seit Jahrzehnten gemacht hat: er regiert Ägypten. Und das sorgt (noch) für Stabilität in der Region. "Demokratische" Kräfte am Ruder im Nahen Osten - das kann ganz schnell das Ende des Staates Israel bedeuten. Das muss man sich klar machen. Kriegt es endlich in eure vertoleranzten Köpfe hinein: Judentum und Islam sind wie Feuer und Wasser.

Bis Ende Juni soll in Ägypten ein neuer Präsident gewählt werden.

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